Situation auf dem Mittelmeer nicht hinnehmen!

Caritasverband für den Kreis Mettmann e. V.

Flüchtlinge auf einem Boot
Foto: Bonnie Ferrante / Pixabay

Nachlese zum Online-Vortrag „Zivile Seenotrettung an Europas Grenzen“

Beeindruckend und bedrückend lässt sich der Online-Vortrag „Zivile Seenotrettung an Europas Grenzen“ zusammenfassen, zu dem der Fachdienst für Integration und Migration (FIM) des Caritasverbands für den Kreis Mettmann im Rahmen der Kampagne vielfalt. viel wert. und in Zusammenarbeit mit der Aktion Neue Nachbarn des Erzbistums Köln am Mittwoch, 8. September, eingeladen hatte. Der Referent, der junge Aachener Arzt Dr. Till Klein engagiert sich aktiv für die Seenotrettungsorganisation „SeaWatch“ und ist mehrfach auf Rettungsmissionen auf dem Mittelmeer mitgefahren.

Der Caritasverband hatte die Veranstaltung im Vorfeld der „Rettungskette für Menschenrechte“ durchgeführt, die am Samstag, 18. September, von Norddeutschland bis nach Italien ans Mittelmeer stattfindet und auch durch den Kreis Mettmann läuft. So ruft die Caritas die Bürger*innen dazu auf, sich zu beteiligen. Ziel ist es, darauf aufmerksam zu machen, dass die Abschottung Europas gegenüber Flüchtlingen, die Missstände, die durch Frontex und Abkommen mit Libyen oder der Türkei bestehen, sowie die Repressalien und Diffamierungen der Seenotrettungsorganisationen wohl politisch gewollt sind, aber von den Bürger*innen nicht unwidersprochen hingenommen werden müssten. Im Kreis Mettmann durchläuft die Menschenkette um 11 Uhr die Stadt Langenfeld; in Mettmann organisiert der Integrationsrat ebenfalls eine Aktion, die rund um das Mehrgenerationenhaus stattfinden soll.

„Der Vortrag Dr. Kleins hat den Teilnehmer*innen und auch mir wieder verdeutlicht, dass wir die Situation auf dem Mittelmeer, aber auch die auf dem Atlantik nicht hinnehmen dürfen, wenn wir Menschenwürde und -rechte nicht mit Füßen treten wollen. Und wir dürfen dieses Thema nicht aufgrund weiterer weltweiter Vorgänge aus dem Fokus verlieren und verdrängen“, sagt FIM-Leiter Martin Sahler.

So hat der Vortrag wieder in Erinnerung gerufen, dass allein im Jahr 2021 bis zum 22. August 1.214 Menschen bei der Flucht über das Mittelmeer ertrunken sind. Seit dem Jahr 2014 waren bis zu diesem Zeitpunkt mehr als 22.200 Geflüchtete im Mittelmeer gestorben. Im Jahr 2016 ertranken mehr als 5.000 Menschen auf dem Seeweg nach Europa. Diese Zahlen berücksichtigten nicht die Dunkelziffer jener Opfer, von denen Helfer keine Spur mehr gefunden haben, verdeutlichte Dr. Klein: „Wenn wir ein leeres Boot vorfinden, wissen wir nicht, ob zwei oder zwanzig Personen darin unterwegs waren.“

Dr. Klein berichtete, wie dramatisch Rettungsaktionen auf dem Mittelmeer ablaufen, dass die Ärzte an Bord teils sogar auf die psychologisch höchst belastende Vorgehensweise angewiesen sind, die Opfer nach den Prinzipien der Triage einzuteilen und Schwerstverletzte, denen sie nicht mehr helfen können, zurückzulassen.

Auch machte der SeaWatch-Aktivist drauf aufmerksam, dass der Weg über das Mittelmeer für viele Geflüchtete die letzte – oftmals tödliche – Etappe eines jahrelangen Fluchtwegs ist, bei dem die Menschen von kriminellen Schlepperbanden versklavt, gefoltert, vergewaltigt und ausgeraubt oder als Geiseln genommen werden, um deren Familien zu erpressen. Menschen, die es auf kaum seetauglichen Gummibooten, ebenfalls von Schlepperbanden billig erstanden und teuer verkauft, überhaupt bis an die europäischen Küsten schafften, würden zum Teil Suizid begehen, wenn sie, wie mehrfach in Südeuropa geschehen, von den Behörden nicht an Land gelassen werden.

„Eine Politik, die diese Zustände zulässt, hat nichts mit dem hohen Gut der Menschenrechte zu tun, mit dem die EU sich so stolz brüstet“, sagt der Vielfalt-Beauftragte Heiko Richartz, „und es behaupte niemand, die Fliehenden – es sind derzeit etwa so viele Menschen weltweit auf der Flucht wie Deutschland Einwohner hat – würden aus nichtigem Anlass ihre Heimat verlassen und ihr Leben sowie das ihrer Kinder aufs Spiel zu setzen.“ Martin Sahler ergänzt, dass der Caritasverband das Thema Seenotrettung künftig wieder verstärkt ins Zentrum der Wahrnehmung rücken will.

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