Mit ‘Glück’ im Auenwald am Thekhauser Bach

Hier beginnt der Weg Thekhaus in Richtung Neandertal. Foto/Archiv: RG

Es ist ein beliebter Spazierweg und eine direkte Wegeverbindung von Hochdahl ins Neandertal. Ein befestigter Weg durch ein herrliches Stückchen Eschen-Erlen-Auenwald.

Sven Glück, Leiter Forstbezirk
Neanderthal Foto: RG

Wir waren unterwegs mit Sven Glück und haben uns erklären lassen, warum in der kommenden Zeit 14 Bäume am Thekhaus gefällt werden müssen. Sven Glück hat am 1. August 2020 als Leiter des Forstbetriebsbezirks Neanderthal die Nachfolge von Marvin Stiehl angetreten. Zu seinem Revier gehören die Waldflächen in den Gemeinden Erkrath, Haan, Hilden und Solingen sowie in Teilen auch Flächen in der Gemeinde Mettmann.

“Bereits im letzten Jahr mussten diesem privaten Waldstück 29 Bäume entnommen werden”, bedauert Sven Glück zu Beginn des Weges die jeweils notwendigen Maßnahmen. Notwendig seien sie im Wege der Verkehrssicherung. In seinem Revier liegen viele Wald- und Forstbestände nah an der Infrastruktur, an Häusern und Straßen. Zwar gelte im Wald grundsätzlich ‘betreten auf eigene Gefahr’, auf ausgebauten und stark frequentierten Wegeverbindungen, wie die am Thekhauser Bach durch Teile des FFH-Gebiets Neanderthal, träfe das aber nicht zu. Der Weg ist asphaltiert und wird vielfach als kurze Verbindung zwischen Alt-Hochdahl und Neanderthal Museum und dem dort neu angelegten Spielplatz genutzt. Zur Hangseite hin ist ein Geländer angebracht, dem man entlang der Strecke ‘Baumeinschläge’ ansieht. Schon mehrfach sind hier Bäume umgestürzt und man kann sich leicht ausmalen, was passiert wäre, wenn in diesem Moment ein Fußgänger oder Radfahrer hier vorbeigekommen wäre. Im Tal neben dem Weg sieht man eindrucksvoll, wie viele Bäume dieses Schicksal schon ereilte. Voraussichtlich in der kommenden Woche sollen nun erst einmal 13 Eschen und ein Ahorn entnommen werden.

Das Eschentriebsterben setzt dem Auenwald zu

Warum die ersten Bäume ausgerechnet in der Brut- und Setzzeit entnommen werden, hängt mit dem Gefahrenpotential zusammen. Gerade erst in den letzten Wochen ist erneut ein Baum umgestürzt. Es werden bei der anstehenden Maßnahme ausschließlich Bäume entnommen, von denen eine Gefährdung ausgeht. “Die Bäume sind allesamt abgestorben oder stark durch das Eschentriebsterben geschädigt, so dass die Standfestigkeit bis zum Ende der Brut- und Setzzeit nicht mehr gegeben ist. Es sei darüber hinaus nicht ausgeschlossen, dass bereits im Herbst weitere Fällmaßnahmen anstehen werden.

Die Maßnahme erfolgt im FFH-Gebiet in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde. Auf Amphibien und die lebensraumtypische Bodenflora wird bei den Fällungen besondere Rücksicht genommen. Eine entsprechende naturschutzfachliche Expertise wird bei der Maßnahme berücksichtigt. Die gefällten Bäume werden im Wald belassen. “Es ist eine defizitäre Maßnahme, aber Aufwand und Ertrag für möglicherweise noch zu verwertendes Holz lassen keine Verwertung zu, die an dieser Stelle ohnehin nicht gewollt ist”, erklärt Sven Glück. Amphibien, Käfer und Insekten wird es freuen. Sie gewinnen im toten Holz neuen Lebensraum.

Das Eschentriebsterben, das der Hauptgrund für die anstehenden Fällungen ist, wird durch den Pilz ‘Falsches Weißes Stängelbecherchen’ verursacht. Seit etwa 2006 bedroht es die in Mitteleuropa heimischen Eschenbestände. Der aus Ostasien stammende Pilz führt zum Absterben von Blättern und Trieben. In besonders feuchten Lagen kommt es zudem zu Fäulnis im unteren Stamm- und Wurzelbereich und führt dazu, dass die Standfestigkeit der Bäume massiv abnimmt. Im Neanderthal ist das zusammentreffen beider Umstände besonders häufig zu beobachten. Solange Eschen keine Verkehrsgefährdung darstellen, werden sie im Wald belassen. Man hofft, dass sie im Laufe der Zeit resistent gegen den eingeschleppten Pilz werden. Unbegründet ist die Hoffnung nicht, denn in China hat die Mandschurische Esche eine Resistenz entwickelt.

Entlang des Weges fällt immer wieder auf, dass auch offensichtlich gesunde Bäume mit starkem Wurzelballen umgestürzt im Tal liegen. “Das liegt am feuchten und morastigen Boden und der Hanglage”, erklärt uns Sven Glück. So könne, bei länger anhaltendem Regen und Sturm auch ein gesunder Baum aus seiner Verwurzelung im Boden gerissen werden.

Das neue Waldsterben

Der von Menschen verursachte Klimawandel hat spätestens im Hitzesommer 2018 einer breiten Öffentlichkeit gezeigt, dass er auch am Wald nicht spurlos vorbei geht. Anhaltende Trockenheit und der Borkenkäfer haben riesige Waldflächen absterben lassen. Wer im Hochsauerlandkreis rund um Arnsberg unterwegs ist, sieht große Flächen mit Baumstümpfen, auf denen vorher stolze Fichtenwälder standen. Auch Kiefern sind bedroht und längst sucht man in Deutschland nach klimaangepassten Alternativen, während mit dem Fichtenholz nach und nach ein wichtiger Baustoff ausgeht. Auch Buchen und Eichen leiden zunehmend unter der Trockenheit.

Der Wald und die Globalisierung

Das ‘Falsche Weiße Stängelbecherchen’, das unsere Eschen befällt, ist nicht der erste und nicht der einzige Organismus, der aus anderen Teilen der Welt eingeschleppt wurde und heute unseren Wald bedroht. Auch Schlauchpilze der Gattung Ophiostoma stammen aus Ost-Asien und werden über den Ulmensplintkäfer verbreitet. Deren ‘Einwanderung’ liegt weit zurück. Bereits 1918 wurde er von Menschen nach Europa eingetragen. Während sich die ostasiatischen-Ulmen bereits an den Pilz angepasst hatten, vernichtete er in Holland große Ulmenbestände. Von dort aus gelangte der Pilz nach Nordamerika, wo er einen großen Teil der dortigen Bestände vernichtete. Mitte des 20. Jahrhunderts beruhigte sich das Ulmensterben, weil es in holländischen Zuchtprogrammen gelang, resistente Klone zu züchten. Die Ruhe hielt nicht lange, denn in den 1960ern wurde wiederum ein aggressiverer Stamm des Pilzes aus Amerika zurückimportiert. Fast zeitgleich erreichte auch eine aggressive neue Variante aus Asien Europa. Seither nimmt der Ulmenbestand auch bei uns wieder ab.

Auch Ahorn und Eiche sind nicht verschont. Der Ahorn leidet bei Trockenheit unter der Rußrindenkrankheit, ein Befall mit der Schlauchpilzart Cryptostroma corticaleher, die ursprünglich in Nordamerika auftrat und 2005 erstmals auch bei uns festgestellt wurde. “Das zeigt sich bei uns vor allem in der Rheinebene und könnte künftig auch Alt-Erkrath betreffen, das am Rande der Rheinebene liegt”, beschreibt Sven Glück weitere Herausforderungen für unsere Waldbestände. Den Eichenprozessionsspinner, der Eichen befällt, konnten Erkrather in den vergangenen Jahren schon im Stadtgebiet beobachten.

Hinzu kommt: Die Rußrindenerkrankung des Ahorns oder der Befall der heimischen Eichen mit dem Eichenprozessionsspinner sind auch für den Menschen nicht ungefährlich. So können die Pilzsporen am Ahorn bei Inhalation schwere Entzündungen der Lungenbläschen auslösen, die von Reizhusten, Fieber Atemnot und Schüttelfrost begleitet werden. Die Härchen des Eichenprozessionsspinners enthalten das Nesselgift Thaumetopoein, das beim Menschen bei Berührung zu einer erhöhten Ausschüttung des Botenstoffs Histamin führt und starke allergische Reaktionen in Gang setzt. Die Folge können Hautirritationen mit starkem Juckreiz, Rötungen und Knötchenbildung sein.

Das Resultat aus Klimawandel und eingeschleppten Organismen

“Durch beide Aspekte, Klimawandel und neue Schadorganismen, steht der Wald massiv unter Druck”, erklärt Sven Glück. Die Entnahme der Eschen am Thekhaus sei höchst bedauerlich. Naturnaher Wald sei ein wichtiger Rückzugsraum für “die Natur” gerade im Ballungsraum und der bei der Maßnahme betroffene Eschen-Erlen-Auenwald ist als wertvoller Waldlebensraum durch EU-Recht besonders geschützt.  Zudem sei der Wald in Stadtnähe auch für die Erholung der Menschen wichtig. So groß der Nutzen des Waldes gerade im Ballungsraum ist, so schwierig ist dort jedoch auch der Erhalt alter und/oder ökologisch wertvoller Bäume. Eine hohe Wegedichte macht hier immer wieder Verkehrssicherungsmaßnahmen notwendig. Alte und kranke Bäume – also oft die ökologisch besonders wertvollen – können daher entlang von Straßen, Bahnlinien, Wohn- oder Gewerbebebauung ganz absehbar nicht bis zum natürlichen Verfall “Wald bleiben”.

FußgängerInnen und RadfahrerInnen werden gebeten auf die Fällarbeiten Rücksicht zu nehmen und kurzfristige Sperrungen während der Fällung zu respektieren. “Es werden immer nur für wenige Minuten Teilstrecken bei den Fällarbeiten gesperrt”, verspricht Sven Glück.

1 Kommentar

  1. Diesen Weg kenn ich sehr gut: Ich habe im Neandertal gewohnt und musste jeden Tag “durch die Tannen” hoch nach Hochdahl Thekhaus, kath. Volksschule)über die Bahn zur evangelischen Volksschule (heute Johanniter); im 4. Volksschuljahr war ich dann in der ev. Schule in Thekhaus; d.h. der Weg war nicht mehr so weit.
    Im Winter sind wir “durch die Tannen” Schlitten gefahren hoch zum Thekhaus und dann nach unten vorbei an der Wohnung des Polizisten Raspe (bei seiner Tochter habe ich Klavierunterricht bekommen; auch vom Friedhof an der Neanderkirche gab es einen Trampelpfad zu dem Weg durch die Tannen ins Neandertal.

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