Künstler in der Krise

Claudia Birkheuer während des offenen Ateliers zum Trillser Straßenfest 2019. In diesem Jahr wird es beides zum ersten Mal seit vielen Jahren Corona-bedingt nicht geben. Foto: RG

Bremst Corona eigentlich auch die Kreativität? Ausstellungen, Konzerte, Lesungen, fast alles ist mit der Kontaktsperre weggefallen.

Wir wollten wissen, ob sich der ‘Shutdown’ auch negativ auf die Kreativität ausgewirkt hat und haben mit der Hochdahler Malerin und Buchautorin Claudia Birkheuer darüber gesprochen. Als wir sie fragen, ob Corona die Kreativität bremst, antwortet sie wie aus der Pistole geschossen: “Nein, auf keinen Fall!” und setzt gleich erklärend hinzu “Ich meine, das Schlimme an Corona ist der Tod. Das ist schrecklich. Aber der Shutdown hat ungeheuer viel Kreativität freigesetzt und das nicht nur bei Künstlern. Denken Sie nur an die Aktion DisTanz in den Mai.”

Für die meisten Künstler ist ‘das Homeoffice’ der Normalzustand. Sie arbeiten im eigenen Atelier oder Büro und ‘Stille’ ist der Raum für Ideen. Die Stille, die die Kontaktsperre mit sich bringt, genießt Claudia Birkheuer vor allem in ihrem Atelier, denn dort ist es aktuell deutlich ruhiger. Weniger Fahrgeräusche von der Straße, kein Hupen, nur sie, die große Leinwand, Farbe und ihre Idee für das Bild. “Wenn die Außenwelt ihre Energie herunter fährt, ist plötzlich ganz viel Raum für künstlerische Energie”, beschreibt sie den Effekt, den die Entschleunigung auf Künstler hat.

Claudia Birkheuer hat eine Vorliebe für starke Farben und große Formate und jedes ihrer Bilder enthält eine versteckte Botschaft. “Ich bin eine kritische Malerin. Meine Bilder sehen auf den ersten Blick oft ganz harmlos aus, aber das sind sie nicht.” Als Beispiel nennt sie ihr Werk ‘Hinter verschlossenen Türen’, auf dem eine belebte Straße, eine Häuserfront und eine Mutter mit Kinderwagen zu sehen sind. Im Vordergrund zwei männliche Figuren, die nur von hinten zu sehen sind. Das Bild enthält die Anspielung auf immer wieder stattfindenden Kindesmissbrauch, der ‘hinter verschlossenen Türen’, unbemerkt von der Öffentlichkeit stattfindet.

Gemalt hat Claudia Birkheuer schon als Kind, aber den künstlerischen Weg hat sie erst viel später eingeschlagen. Nach dem Studium war sie als Pressereferentin und Journalistin tätig, hat sich später als Personalberaterin selbstständig gemacht und hat 1998 wieder begonnen zu malen. Rund 2000 Bilder hat sie in den letzten 20 Jahren gemalt. Von der abstrakten Malerei hat sie 2006 zur figürlichen Malerei gefunden und malt seither kritische Werke in Großformat. Das war ihr Durchbruch und der Weg in internationale Galerien.

Die malende Schriftstellerin

Aber Claudia Birkheuer malt nicht nur, sie schreibt auch Gedichte und Romane. 2018 erschien ihr Debüt-Werk ‘Die Karriere der Christina Siemon’ und gerade einmal ein Jahr später ihr zweiter Roman ‘Seven’. Und während die Welt da draußen die ersten Lockerungen der Kontaktsperre genießt, arbeitet sie längst an ihrem dritten Roman. Gerade hakt es allerdings ein klein wenig. “Da drängt sich auf einmal ein zweiter Protagonist in meine Gedanken und gibt keine Ruhe mehr”, verrät sie lachend. Mehr und mehr Raum nahm diese Figur im neuen Werk für sich ein, bis Claudia Birkheuer zu dem Schluss kam, dass sie eine zweite Hauptrolle spielt und nun muss sie sie geschickt in die schon geschriebenen Kapitel ‘einweben’. Aber bevor die Geschichte ‘umgeschrieben’ wird, geht es erst einmal wieder zurück zur Malerei beziehungsweise für vier Tage in die Malschule von Jürgen Meister in die Lukas Akademie nach Grevenbroich. “Ich möchte die richtige Technik zum Malen von Blumen lernen, denn das gelingt mir noch nicht so richtig.” Mohn, Tulpen oder Sonnenblumen möchte sie malen. Natürlich großformatig und farbenprächtig, eben Claudia Birkheuer.

Künstlersorgen in der Corona-Krise

Auch wenn gerade mehr Raum für Kreativität entstanden ist, gibt es natürlich auch für Claudia Birkheuer Einschränkungen durch die Pandemie. Ausstellungen waren vorerst ausgesetzt. Zum ersten Mal nach 15 Jahren hat sie das offene Atelier abgesagt, weil Corona-bedingt das Trillser Straßenfest ausfallen wird.

Einen Lichtblick gibt es aber schon. Vom 27. Oktober 2020 bis zum 30. April 2021 ist die erste Ausstellung nach der Kontaktsperre mit dem Titel ‘Augenblicke im Großformat’ im Jubilate Forum in Köln-Lindlaer geplant. Ausgerichtet wird die Ausstellung von der Galerie m beck aus Homburg. Zur Vernissage am 27. Oktober ist darüber hinaus eine Lesung aus ihrem Buch ‘Seven’ geplant.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*