Erkrath.jetzt- Sommergespräche: Teil 1

Foto/Archiv: Tanja Bamme

Heute im Erkrath.jetzt- Sommergespräch: Bernhard Osterwind, Fraktionsvorsitzender der “Bürger mit Umweltverantwortung”- kurz BmU.

Sommerferienzeit ist politikfreie Zeit. Eigentlich, denn aktuell finden noch Sondersitzungen bezüglich der Offenlage für das Bauvorhaben Wimmersberg statt. Wir möchten trotzdem eine Tradition einläuten und in den Sommerferien erkrath.jetzt- Sommergespräche mit der kommunalen Politik führen, Rückblicke in das vergangene Jahr liefern und einen Blick in die Zukunft wagen.

Zeit der Kompromisse

Den Anfang macht Bernhard Osterwind von der BmU. „In der Öffentlichkeit sind wir in die Defensive gerückt“, ist sich der Fraktionsvorsitzende sicher, der die vergangene Amtszeit als Zeit der Kompromisse betitelt. „Kompromisse, die wir in vielerlei Hinsicht eingehen mussten“, so der Kommunalpolitiker, der exemplarisch die Diskussion um die Neanderhöhe anführt. „Denn es ist der BmU zu verdanken, dass dort nur ein Teil der Fläche bebaut wird. Nicht die gesamte Neanderhöhe.“ 3,6 Hektar sollen künftig für Gewerbeimmobilien zur Verfügung stehen, ein Teil der konventionellen Landwirtschaft somit weichen. Osterwind räumt in diesem Zusammenhang mit einem Irrglauben auf. „Denn die konventionelle Landwirtschaft ist kein Garant für das Erhalten von Artenvielfalt und den Insektenschutz“, so dieser. Die geplanten Grünstreifen samt Heckenbewuchs können laut der BmU viel mehr Lebensraum für Insekten aller Art bereithalten. „0,6 Hektar Heckenbewuchs soll entstehen. Eine Hecke mit 15-17 Meter Tiefe, das ist nicht wenig.“

„Kredite sind nicht ökologisch“

Dass dieses Argument bei der emotional geführten Diskussion um die Neanderhöhe kaum zum Tragen kam, ärgert den Fraktionsvorsitzenden, der generell die faktenbasierten Diskussionen vermisst. „Es zählt die Meinung, nicht das Argument“, so Bernhard Osterwind, der diese Entwicklung auch in den sozialen Medien beobachten kann. „Wir haben uns immer auf Argumente berufen und uns nicht dazu verleiten lassen, die Diskussionen auf emotionaler Ebene zu führen.“ Womit er direkt das nächste Thema anspricht: Den Erkrather Haushalt. „Zurzeit hat die Stadt Kredite in Höhe von 28 Millionen Euro, in drei Jahren werden wir bei 88 Millionen Euro liegen. Ganz zu schweigen von den Liquiditätskrediten.“ Für Bernhard Osterwind ist dieses Geld alles andere als ökologisch. „Alle denken immer, wenn wir uns Geld von der Bank leihen, sei dieser Vorgang ökologisch neutral. Dabei stammt dieses Geld aus dem Wirtschaftskreislauf, es wurde in der Regel unter Umweltverbrauch und nicht klimaneutral erarbeitet.“ Immer wieder ist die BmU in den vergangenen Jahren auf die Kostenbremse getreten. „Man hat uns in der Öffentlichkeit als Bremser und Verweigerer hingestellt“, ist sich der Kommunalpolitiker sicher, der sich über das Wahlprogramm der CDU wundert. „In diesem ist nämlich nicht einmal das Wort Sparen zu finden. Die Folge der Kostenentwicklung insbesondere im Personalsektor werden unweigerlich auch Steuererhöhungen sein, wie wir sie 2017 zuletzt erlebt haben. Und das, obwohl der Bürgermeister in seinem letzten Wahlprogramm genau das Gegenteil versprochen hat.“

„Der Stadtrat ist ein Selbstverwaltungsorgan“

Für die BmU wäre ein Haushaltssicherungskonzept der Schlüssel zum kontrollierten Sparen. „In einer Welt, die vom Konsum bestimmt ist, wäre Verzicht auch mal eine ökologische Lösung“, so seine Meinung. „Von diesem Haushaltssicherungskonzept möchte aber selbst der Kämmerer nichts hören.“ Bernhard Osterwind versteht den Stadtrat übrigens als Selbstverwaltungsorgan der Gemeinde. „Eigentlich ist es falsch, dass immer im Stadtrat von Politik die Rede ist. Wir sind kein Parlament und machen auch keine Gesetze, sondern halten uns an vorhandene Gesetze und suchen pragmatische Lösungen. Die Rechtsgrundlage führt er auch für das Verlassen der Sonderratssitzung zum Thema Wimmersberg (wir berichteten) an. Gemeinsam mit den Grünen hat die BmU die Sitzung verlassen und somit dem Rat die Beschlussfähigkeit genommen. „Uns als undemokratisch hinzustellen, obwohl wir uns an der Gemeindeordnung orientiert haben, fällt auf die Kritiker zurück“, so Osterwind, der diese Schachzüge auch aus der Historie der CDU kennt. „Denn auch diese haben schon Sitzungen verlassen. Das Verlassen einer Sitzung kann Ausdruck größter Empörung sein“.

„Die Zukunft ist ungewiss“

Die geplante Wohnbebauung am Wimmersberg wirft für die BmU noch mehr Fragen auf, als nur der „fragwürdige“ Zeitpunkt der Planoffenlegung. „Es wurde nämlich noch nie über die 24 Mobilfunkmasten auf dem Areal diskutiert“, so der Fraktionsvorsitzende. „Was passiert mit den Masten, wenn 750 Wohneinheiten entstehen?“ Dass diese nicht einfach verschwinden können, sondern zur Mobilfunkversorgung weiterhin erhalten bleiben müssen, steht für die BmU außer Frage. Auch soll auf dem Gelände eine Kita entstehen, in deren Radius von 100 Metern kein Mast aufgestellt werden darf. „Und niemand möchte Masten auf seiner Wohnimmobilie haben. Daher fordern wir, dass die Anbieter ebenfalls angehört werden müssen.“

Einen Blick in die Zukunft zu wagen, ist für Bernhard Osterwind derzeit nicht möglich. „Die nächste Ratsperiode in unvorhersehbar“, so seine Einschätzung. „Wir befinden uns in Zeiten des Umbruchs. Diese können positive oder negative Auswirkungen haben. Und daran ist nicht nur die Corona-Krise Schuld.“

Wissenswertes: Die BmU zählt derzeit 68 Mitglieder und ist die einzige im Stadtrat vertretende unabhängige Wählergemeinschaft. 2018 feierte die BmU ihr 30-jähriges Bestehen und weist aktuell sieben Sitze im Stadtrat auf. Näheres unter www.bmu-erkrath.de.

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