Erkrath, Du hast die Wahl im Bürgerhaus

Die zweite Podiumsdiskussion Erkrath Du hast die Wahl fand im Bürgerhaus Hochdahl statt. Foto: RG

Am vergangenen Mittwoch fand die zweite Podiumsdiskussion zur Kommunalwahl – dieses Mal im Bürgerhaus Hochdahl – statt und auch hier kam keine Langeweile auf.

Zur Erinnerung: Drei Bürgermeisterkandidaten und vier Spitzenkandidaten stellten sich Fragen zu verschiedenen Themenblöcken. Auch Zuschauerfragen flossen wieder mit ein. Zu Beginn gab es noch einmal die kurze Videovorstellung der Kandidaten und zwischen den Themenblöcken gab es dieses Mal Kurzvideos der Spitzenkandidaten. Auf dem Programm standen die Themen Klima und Umwelt sowie Kultur und Freizeit. Das Bürgerhaus war – unter Berücksichtigung der Corona bedingten Teilnehmerbeschränkung – gut gefüllt.

Aufgrund der Aktualität des CO-Pipeline-Urteils fragte Tobi Wienke im ersten Themenblock, was die Kommune jetzt noch unternehmen könne. “Wir werden die Kläger unterstützen”, antwortete ihm Bernhard Osterwind. Das Urteil sei nicht zu akzeptieren. Das Rohrleitungsgesetz, das die Enteignung für den Bau der Pipeline erst ermöglichte, müsse die Politik aufheben. Bürgermeister Schultz machte darauf aufmerksam, dass in der Ratssitzung am Folgetag die Verabschiedung einer Resolution auf der Tagesordnung stehe. Auch er bekundete, dass man die Kläger unterstützen wolle. “Die Sicherheit der Bürger muss im Vordergrund stehen.” Das Rohrleitungsgesetz wurde 2006 unter einer CDU / FDP Landesregierung beschlossen. “Die Politik hier vor Ort und im Land unterscheiden sich. “Man möchte nicht dafür in Haftung genommen werden, was andere Ebenen sagen”, kommentiert er, dass Landes- und Kommunalpolitik nicht immer gleichgesetzt werden können.

Bürgermeisterkandidat Peter Knitsch glaubt indes nicht mehr, dass die CO-Pipeline auf juristischem Wege noch zu verhindert sei. “Es müssen politische Lösungen her”, vertrat er seine Meinung. Die Grüne Landtagsfraktion habe einen Antrag zur Aufhebung des Rohrleitungsgesetzes vorbereitet, der im Landtag gestellt werden soll. “Wir haben das schon dreimal beantragt und hoffen, dass andere Parteien zustimmen. Nur der Landtag kann das Rohrleitungsgesetz zurücknehmen.” In der Vergangenheit hätten nur die Piraten im Landtag mit den Grünen dem Antrag zugestimmt, alle anderen hätten dagegen gestimmt, erinnert er an die Anträge. Eine Kommune allein habe auch keine Chance Einfluss zu nehmen. Das ginge nur mit gemeinsamer Kraft des Kreis Mettmann, Düsseldorf und Leverkusen.

Ralf Lenger betrachtete die CO-Pipeline aus unternehmerischer Sicht und ist der Meinung, dass man das Gespräch mit Covesto suchen müsse. Irgendwann würde sich die CO-Pipeline nicht mehr rechnen, nachdem sich Klagen und Prozesse schon so lange hinziehen. Dennis Sauereßig bestätigt, dass seine Partei als Stadtratsfraktion auch dagegen wäre, in diesem Fall aber dann wohl auch nur auf die Landtagsfraktion einwirken könne. Daniela Laijos erinnert daran, dass die Linke derzeit im Landtag nicht vertreten sei, aber das man derzeit die Kommunikation mit allen Kreisverbänden suche, um eine eigene Kampagne zu starten und das Thema beim Landesparteitag aufgreifen werde.

Bürgermeisterkandidat Jörg Schintze gibt zu, dass ihn die Entscheidung des OVG geärgert habe. Aus seiner Sicht könne man momentan nur auf Zeit spielen. Zeit bräuchte man auch, um neue Bürgerproteste zu organisieren.

Für die Liveübertragung der Podiumsdiskussion hatte LumiEvent eine umfangreiche technische Ausstattung vor Ort. © RG

Bebauung der Hasenwiese

Unter dem Themenblock Klima und Umwelt ging es dann weiter um die sogenannte Hasenwiese. Für die einen eine der letzten Freiflächen innerhalb Hochdahls, die nun als Baufläche der Dependance Schmiedestraße zur Verfügung gestellt werden soll, nachdem das Schulgebäude vorerst nicht mehr für den Umbau in Seniorenwohnungen zur Verfügung steht. “Die Initiatoren wollten nicht warten, deshalb soll es dort eine maßvolle Bebauung von Bürgern für Bürger geben”, erklärt Bürgermeister Christoph Schultz.

Bernhard Osterwind und Daniela Laijos wohnen beide in der Nähe und erklärten, dass sie deshalb in Teilen befangen seien. Beide sehen die Freifläche als wichtig fürs Stadtklima, aber auch als Sozialfläche. Die Hasenwiese, so erklärte Osterwind, sei eine wichtige Frischluftschneise, die gegen Wärmeinseln wirke. Das Durchbrechen der Bebauung sei bei aller Innenverdichtung wichtig. Peter Knitsch gab ihm Recht und das beträfe aus seiner Sicht nicht nur die Hasenwiese. Ekraths Grüngürtel verschwände. Es gäbe andere Flächen, die man nutzen könne, ohne das letzte Grün kaputt zu machen. “Das ist wieder ein typisch Erkrather Kompromiss”, kommentierte er die Bebauungspläne. Erkrath habe über 40 Prozent verdichtete Flächen, das seien doppelt so viele, wie im Landesdurchschnitt. “Wachstum ist endlich”, erinnerte er.

Bürgermeister Christoph Schultz kommentierte, dass in diesen 40 Prozent auch Spielplätze und Gärten enthalten seien. Erkrath sei nun einmal auch ein Opfer der kommunalen Neugliederung. Es sei so zusammengeschnitten worden, dass es wenig Außenflächen habe. Daniela Laijos betonte noch einmal, dass sie den genossenschaftlichen Gedanken des Wohnprojekts begrüße und wollte wissen, ob denn dann im Gegenzug das Schulgebäude rückgebaut werde, wenn es nicht mehr benötigt werde. Schultz erklärte daraufhin, dass die Stadt noch erheblich mehr Bedarf an Schulflächen habe und es auch künftig gebraucht werde. “Dann kann man das nur als tragischen Kompromiss bezeichnen”, antwortete Laijos darauf.

Nils Wolfram (Jugenrat) und Timo Kremerius (Seniorenrat) achteten wieder auf Fragen, die Zuschauer im Livestream auf Facebook stellten. © RG

Schulen

Von der Schmiedestraße schwenkte das Thema dann zu den Schulen in der Stadt. Diskutiert wurde noch einmal der Neubau des Gymnasiums am Neandertal und Sanierungsstau anderer Schulen. Jörg Schintze befürchtete, dass das Leuchtturmprojekt des Neubaus dazu führe, dass für die anderen Schulen zu wenig bleibe. Ralf Lenger stimmte ihm zu. Es müsse mehr in die Sanierung der Schulen fließen. “Die Kinder sind unsere Zukunft”, erinnerte er. Seine Partei möchte, dass alle Schulen barrierefrei werden und dass technisch aufgerüstet werde. Jede Kind solle ein IPad erhalten und außerdem wolle man eine Talentschule für Erkrath und wolle sozialen Brennpunkten entgegen wirken. Man müsse das eine tun, ohne das andere zu lassen und dazu sei es nötig die Einnahmenseite der Stadt zu stärken. Daniela Laijos zeigte sich überrascht, dass die FDP Linke Positionen aufgreift, woraufhin Lenger verdeutlicht, dass die FDP noch andere Ansätze habe. Dennis Sauereßig kommentierte, dass er froh sei, dass sich alle einig wären.

Dann ging die Frage an die anwesende Jugend, ob sie lieber saubere Schultoiletten oder ein IPad hätten. Das Ergebnis: Beides, wobei die Digitalisierung einen Punkt vorn lag.

Bürgermeister Christoph Schultz © RG

Die Diskussion drehte sich noch eine Weile um Kosten und Notwendigkeiten. Bernhard Osterwind brach zwischendurch eine Lanze für den amtierenden Bürgermeister und lobte dessen zupackende Art in der Sache. Mit der Wiedereinführung von G9 brauche Schule mehr Raum und der Neubau sei auf die Zukunft gerichtet und keine Schule von der Stange. Lengers Talentschule nannte er eine ʹFantasieschuleʹ, für die man ja erst einmal einen Träger finden müsse.

Christoph Schultz erinnert daran, dass man die Schulen in der Vergangenheit gleich gehalten hätte. Eben gleich klein. Und dass man nun investieren müsse und das nicht nur in die weiterführenden Schulen. Auch in die Grundschulen müsse investiert werden. Man müsse in alle Schulen investieren, dabei aber Prioritäten setzen. Die Diskussion drehte sich noch geraume Zeit um die Schulen der Stadt und auch die Gesamtschule wurde noch einmal thematisiert, die man ja auch in Kooperation mit anderen Städten angehen könne. Christoph Schultz erinnerte daran, dass die Stadt jetzt schon einen Vertrag mit der Gesamtschule Hilden habe, mit der 25 Schüler die Möglichkeit hätten, die dortige Schule zu besuchen. “Wir können in Erkrath nicht alle Schulformen anbieten.” Eine komplette Umstrukturierung der Schullandschaft sei mit ihm nicht zu machen und er glaube auch nicht mit den Eltern. “250 Erkrather Schüler pendeln aus”, warf Peter Knitsch ein. “Wir wären ja schon zufrieden, wenn einmal eine Elternbefragen stattfinden würde. Das wäre dann ein hochdemokratischer Prozess.”

Integration

Auch das Thema Integration kam zu Sprache. Dennis Sauereßig, der in der ersten Podiumsdiskussion von der No go area Sandheide sprach, äußerte sich, dass die Integration in Erkrath gut gelungen sei, dass viel Aufwand betrieben worden sei und viel ehrenamtliches Engagement dazu beigetragen habe, dass die Integration auf einem guten Weg sei. Peter Knitsch bot ihm daraufhin an, er könne ihm einen Aufnahmeantrag für die Flüchtlingshilfe geben, er habe einen dabei. Christoph Schultz erklärte daraufhin noch einmal, dass es in Hochdahl kein Integrationsproblem gäbe, sondern ein Kriminalitätsproblem. Die Menschen, die 2015 nach Erkrath gekommen seien, seien eine Bereicherung für die Stadt. Natürlich gäbe es immer und überall Menschen, die sich sperren, aber im Großen und Ganzen hätte die Integration in Erkrath gut funktioniert. Dem stimmte auch Daniela Laijos zu, die an dieser Stelle noch einmal allen Ehrenamtlichen dankte und daran erinnerte, dass am 13. September auch ein neuer Integrationsrat gewählt wird.

Wohnungsbau

Die Frage, ob Erkrath mehr sozialen Wohnungsbau brauche, beantwortete Daniela Laijos mit einem klaren JA. Am Wimmersberg hätte sie sich 40 bis 50 Prozent gewünscht. Man müsse prüfen, wie groß der Bedarf an Sozialwohnungen sei. Christoph Schultz vertrat die Meinung, dass die Stadt einen guten Mix brauche und erklärte, dass Erkrath im Kreis Mettmann noch den größten Bestand an Sozialwohnungen habe. Jörg Schintze wies darauf hin, dass am Wimmersberg 20 Prozent Sozialwohnungen entstehen und 20 Prozent preisgebundene Wohnungen, deshalb könne er mit dem Kompromiss gut leben. Dennis Sauereßig vertrat die Meinung, dass es egal wäre, wie viele Sozialwohnungen gebaut würden, die würden alle belegt werden, aber man müsse ja auch jemanden finden, der diese Wohnungen bauen würde. Peter Knitsch wies darauf hin, dass in den letzten 15 Jahren tausende Sozialwohnungen aus der Bindung gefallen wären und das seine Fraktion früher mit den Antrag auf dem Pose Marré Sozialwohnungen vorzusehen, gescheitert sei. Münster und Düsseldorf würden schon lange bei jedem Bauprojekt einen Prozentsatz Sozialwohnungen festschreiben.

Die Diskussion drehte sich noch ein wenig weiter um den Wimmersberg, bevor Ralf Lenger darauf lenkte, dass grundsätzlich Wohnungen fehlen, aber auch Flächen und das man kreativ werden müsse. Auch die Mieten müssten stabil gehalten werden. Jörg Schintze stellte sich vor, dass es so etwas wie die soziale Marktwirtschaft auch für den Wohnungsmarkt geben müsse. Für die Miete sollten nicht mehr als 30 Prozent des Einkommens aufgewendet werden müssen.

© RG

Kultur und Freizeit

Zu der Frage, wo es an dieser Stelle fehle, antwortete Christoph Schultz, dass es für die Jugend an Baskettballkörben fehle, es fehle überhaupt an Flächen für die Jugend ab 15 Jahren. Bolzplätze seien als Kinderspielplätze deklariert, weil für die ein anderer Lärmschutz gelte. Bernhard Osterwind äußerte, dass es für die Jugend an Discos und Clubs fehle und auch ein Kino wäre wünschenswert. Peter Knitsch glaubt, dass es gar kein Flächenproblem gäbe, da wäre ja noch der alte Sportplatz an der Gink. Aus seiner Sicht gäbe es eher ein Zeitproblem, da dieser am Wochenende nicht geöffnet sei. Auch fehle es in Erkrath an einer Kneipenkultur für jüngere Menschen. Man müsse vielleicht an eine stärkere Förderung der Vereine denken.

Diskutiert wurde dann im weiteren Verlauf über die Möglichkeit Chören das Bürgerhaus zum Proben zur Verfügung zu stellen und überhaupt mehr Raum für Vereine zur Verfügung zu stellen. Von Turnhallen über Sportplätze und Kunstrasen auf Bolzplätzen wurde alles thematisiert. Ralf Lengers Vorstoß, man solle das Neanderbad erweitern, kommentierte Peter Knitsch als Wunschtraum, mit dem Blick auf den Sanierungsbedarf der Schulen an weitere Prioritäten. Die Diskussion bliebt spannend bis zum Schluss und wie schon bei der ersten Podiumsdiskussion ist diese weiterhin auf der Homepage und der Facebookseite von LumiEvent abrufbar.

Die Podiumsdiskussionen wurden vom Jugend- und Seniorenrat der Stadt Erkrath in Zusammenarbeit mit erkrath.jetzt und mit Förderung des Kreisintegrationszentrums aus dem Landesförderprogramm Demokratie Leben organisiert.

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