Dezernentin mit Herz und Verstand

Ulrike Haase und Landrat Thomas Hendele bei der feierlichen Verabschiedung der Dezernentin. Foto: RG

Ulrike Haase hat sich zum Jahresbeginn in den Ruhestand begeben.

Am vergangenen Freitag wurde sie feierlich von Landrat Thomas Hendele, Kollegen, Politik, Weggefährten und Familie verabschiedet. Allein an der Zahl der Gäste, die sich an einem Freitagmorgen um 11 Uhr in der Kantine des Kreises einfanden, hätte man leicht erkennen können, welche Wertschätzung ihr über Parteigrenzen hinweg entgegengebracht wurde. “Ich habe sie immer sehr engagiert, fair und sehr persönlich bei den Terminen der Bauberatungskommission erlebt. Sie hat immer auch den kleineren Gruppen viel Aufmerksamkeit geschenkt”, sagte uns Andreas Benoit, sachkundiger Bürger für die Gruppe Piraten, über die Multifunktionsdezernentin Ulrike Haase. “Ich habe sie gefragt, ob ich jetzt sagen soll ‘Herzlichen Glückwunsch’ oder ‘Schade, dass es vorbei ist’. Sie hat geantwortet: ‘Beides'”, verrät der stellvertretende Landrat Michael Ruppert (FDP). “Sie war eine tolle Dezernentin. Wir haben immer gut zusammengearbeitet. Wirklich schade, dass sie geht”, bedauert Nils Lessing von den Grünen.

Ein Rückblick

Landrat Thomas Hendele hatte schon lange vor ihrer Zeit als Dezernentin des Kreises Berührungspunkte, wie er in seiner Rede verriet. So wurde Ulrike Haase 1992, als Thomas Hendele noch erster Beigeordneter in der Stadt Erkrath war, in den dortigen Stadtrat gewählt. “Man muss kein Geheimnis daraus machen, dass wir beide keineswegs immer einer Meinung waren”, verriet er in seiner Ansprache. Es hätte genügend Felder gegeben, in denen beide unterschiedlicher Auffassung waren. Das hätten sie offen, aber immer fair ausgetragen.

2004 gab es ein Wiedersehen im Wahlkampf. Damals trat Ulrike Haase als Gegenkandidatin in der Wahl des Landrats an. Auch da habe er sie erneut als faire Demokratin, engagiert für die eigenen Positionen und rhetorisch gut aufgestellt, erlebt. Die Wahl entschied Thomas Hendele zwar für sich, aber fortan arbeitete er wieder mit ihr zusammen. Sie wurde Kreistagsmitglied und zur zur zweiten stellvertretenden Landrätin gewählt. “Dabei hat sie sich nach kurzer Einarbeitungszeit zu einer ausgezeichneten Repräsentatin des Kreises entwickelt”.

2008, als bekannt war, dass der damalige Sozial- und Schuldezernent Hans-Anton Fliegauf 2009 in den Ruhestand gehen würde, schlug Landrat Hendele sie selbst als Nachfolgerin vor, nachdem er mit dem Vorschlag der SPD nicht sehr glücklich war. Sie wurde gewählt und übernahm Anfang 2009 neu zugeschnittene Dezernat IV. Nach einer im Kreistag mit Zustimmung des Landrats beschlossenen Verschlankung verteilten sich die Aufgaben auf die verbliebenen Dezernate. Zum Dezernat IV gehörten Ende Dezember Liegenschaften, Hoch- und Tiefbau, Schule, Gesundheit und Behindertenförderung. Von 2009 bis 2014 auch der Bereich Kultur und Tourismus.

Januar 2020

Elf Jahre später, bei ihrer Verabschiedung, kann sie auf eine erstaunliche Erfolgsbilanz in den Bereichen Schule, Kultur, Gesundheit, behinderte Menschen und Bauen zurückblicken. “Sie verkörpern Wuppdizität”, bescheinigte Landrat Thomas Hendele der scheidenden Dezernentin eine temperamentvolle Behendigkeit, mit der sie ihr Dezernat erfolgreich leitete. In ihrer Zeit wurden die Kreisstraßen K 20 in Gruiten und K 18 in Mettmann gebaut. Letztere blieb sogar rund eine Millionen unter den veranschlagten Baukosten und wurde früher als geplant fertig gestellt. Die Eisenbahnwaggonbrücke an der K 1 in Heiligenhaus gehört genauso zu den Projekten, die Ulrike Haase in ihrer Zeit realisiert hat, wie der Neubau der integrativen Kindertagesstätte Kirchendelle und der Neubau des Verwaltungsgebäudes II des Kreises. Noch laufende Projekte, die ihre Nachfolgerin weiterführen wird, sind die neue Kreisleitstelle, die Umsetzung des Masterplans Neandertal und der Campus Sandheide.

Als Kulturdezernentin hat Ulrike Haase von 2009 bis 2014 erstmals das Thema Tourismus ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht. Die kultur-touristische Marke “neanderland”, die 2013 von Städten und Kreis 2013 gegründete wurde, ist längst ins Bewusstsein der Kreisbevölkerung und der vielen Gäste, die den Kreis bereisen, verankert. Unter der Federführung der Dezernentin sind der Panorama-Radweg und der neanderland STEIG zu Premiumprodukten des Kreises geworden. Im Kulturbereich wurden mit Zustimmung des Kreistags die neanderland BIENNALE, neanderland TATORTE, neanderland Museumsnacht, der Rockbandwettbewerb und die Kreisrundfahrten als Produkte des Kulturbereichs verankert. Nachdem Künstler heftig protestierten, als die neanderland ART nicht fortgesetzt werden sollte, konnte Ulrike Haase schließlich den Kreistag überzeugen auch diese fortzusetzen.

Als Gesundheitsdezernentin hat vor allem 2015, als der Kreis innerhalb von zwei Tagen 300 Flüchtlinge unterbringen musste, mit ihrer “Wuppdizität”, aber auch mit ihrem großen Herz für Menschen, gepunktet. Seit 2010 ist Ulrike Haase auch stellvertretende Geschäftsführerin der WFB, der Behindertenwerkstatt des Kreises. “Es freut uns sehr, dass Sie, liebe Frau Haase, diese Tätigkeit in 2020 fortsetzen”, erfuhren die Gäste des Empfangs dann von Thomas Hendele, dass die scheidende Dezernentin nicht ganz scheidet. Neben der stellvertretenden Geschäftsführung will sie aber vor allem ein Herzensprojekt vorantreiben und Gelder für den Bau einer Schule in Mali sammeln.

Was SPD und CDU zum Abschied sagen

“Ich habe erfreut festgestellt, dass die Lehrerband des Berufskollegs hier heute Supertramp präsentiert, wenn die Auswahl von Dir stammt, legen wir das nächste Mal, wenn Du zu Besuch kommst, gemeinsam auf”, spricht der Fraktionsvorsitzende Manfred Schulte schmunzelnd den gemeinsamen Musikgeschmack an. Dann spricht er davon, dass er ja schon seit einem Jahr weiß, dass sie in den Ruhestand geht, aber Männer gut im verdrängen sind. Anders als Frauen, wie Ulrike Haase, zu deren Eigenschaften Verdrängung eben nicht gehöre. Er erinnert sich auch daran, dass nicht jede Idee der SPD bei der Dezernentin gut ankam. So sei es anfangs auch mit dem Projekt “1000 Schulen” gewesen, aber dann hätte sie meist gesagt: “Na, dann macht doch einfach”.

Auch die Ansprache von Klaus-Dieter Völker enthielt viel Lob. Er erinnert daran, dass Ulrike Haase in den Anfängen ihrer Dezernentenzeit sagte ‘Nehm mir bloß das Bauamt wieder weg’. “Ich hab es versprochen, aber nicht gehalten”, sagt er schmunzelnd, denn die Erfolgsbilanz der Dezernentin zeige, dass es richtig gewesen sei.

Die Überraschung

Bevor Ulrike Haase dann selbst zu Wort kam, gab es aber noch eine Überraschung. Im Programmheft war sie mit “Intermezzo” angekündigt. Die Lehrerband Hörzsturz spielte ausnahmsweise nicht Supertramp, sondern Simon and Garfunkel ‘Bridge over troubled water’. Vorn versammelt sich Kollegen und ehemalige aus dem Dezernat IV. Einer nach dem anderen geht ans Rednerpult und hält einen Buchstaben hoch. Beim ersten Buchstaben erfährt Ulrike Haase, dass das vorher gespielte Lied wiedergäbe, was sie für die Menschen im Dezernat IV bedeutet habe ‘eine Brücke über unruhige Wasser’. Dann folgen ein ‘U’ für Unikat, ein ‘L’ für Lebensfreude, ein ‘R’ für robust, rasant, rebellisch, ein ‘I’ für integer und impulsiv, ein ‘K’ für kreativ, ein ‘E’ für ehrlich und viele weitere.

‘S’ für sensibel und ‘H’ für Humor

Als Ulrike Haase dann selbst ein paar Worte zu ihrem Abschied sprach, merkte man ihrer Stimme die Rührung an. Sie hatte einen kurzen humorvollen Vortrag vorbereitet, der mit Snoopy-Bildern und einigen Fotos, bebildert war. Ganz so, wie jeder der in den vergangenen Jahren mit ihr zusammengearbeitet hat, sie kennt: Persönlich und authentisch.

Neben der Weiterführung der stellvertretenden Geschäftsführung der WFB hat sie für die kommende Zeit noch ein Herzensprojekt: Eine berufsbildende Schule für Mali. Das war aus einer ‘dann macht doch einfach Idee’ der SPD entstanden, die das Projekt ‘1000 Schulen’ in den Kreistag eingebracht hatte. Entstanden ist daraus die Idee einen Verein zu gründen, der aktiv wird und Gelder für einen Schulbau in Mali sammelt. Einige Kreistagsmitglieder werden zu den Gründungsmitgliedern gehören. Und so gab es für Ulrike Haase vom Landrat zum Abschied auch keines der sonst üblichen Geschenke, sondern einen Startbonus für das Projekt.

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