Antworten auf Hochwasserfragen

Foto: Lutz Wulfestieg

Hochwasser 3 | Erkraths Überflutung hat Fragen aufgeworfen, die Kreis Verwaltung und der Bergisch-Rheinischer Wasserverband für unsere Leser beantwortet haben.

Es hat ein wenig gedauert, bis wir auf alle Fragen, die wir gestellt haben, eine Antwort erhielten. Kurz vorm Wochenende haben wir auch zur letzten offenen Frage – der Einleitung von Wasser in die Düssel durch das Unternehmen Oetelshofen – eine Antwort erhalten.

Vorherige Artikel dieser Reihe: Hochwasser 1 und Hochwasser 2

Pegelmess-Stationen an der Düssel und der Warnverlauf

Wir wollten unter anderem wissen, ob es nur denen einen elektronischen Messpegel auf Kreisgebiet gibt, dessen Stand online über das LANUV abrufbar ist und wenn das so ist, wie dann beispielsweise die Einwohner des historischen Dorfs Gruiten rechtzeitig gewarnt werden können. Auch wollten wir wissen, wer wann einen Alarm beziehungsweise eine Warnmeldung auslöst, wie die weiteren Abläufe sind und wie generell im Kreis Mettmann – abhängig von Pegelständen und Starkregenereignissen – die Warnung der Bevölkerung erfolgt. Ob zum Beispiel auch Hinweise auf möglicher Weise betroffene Straßenzüge erfolgen und ab welchem Pegelstand Vorwarnungen für betroffene Gebiete erfolgen. Wir wollten auch wissen, ob es am Abend des Hochwasser Warnungen über Durchsagen von Polizei und Feuerwehr in den stark betroffenen Siedlungen (zum Beispiel in Gruiten-Dorf oder Alt-Erkrath) gab.

Die Kreisverwaltung schreibt uns dazu:

Die öffentlich abrufbaren Pegelstände der Düssel werden bei entsprechenden Wetterlagen in der Kreisleitstelle anlassbezogen beobachtet. Sollte sich eine Hochwassersituation abzeichnen, werden die vorhandenen Warnsysteme durch die Leitstelle bedient.

Zunächst ist festzuhalten, dass Warnungen zu Unwettern und Hochwassergefahren durch DWD / Hochwasserwarndienst unabhängig von der örtlichen Gefahrenabwehr ortsbezogen herausgegeben werden. Auch die Warn-App NINA wird und wurde direkt durch diese Behörden angesteuert.

Der Kreis Mettmann verfügt über ein gestuftes Warnkonzept. Warnungen an die Bevölkerung werden über die Medien kommuniziert sowie über das so genannte modulare Warnsystem des Bundes (MoWas). Dieses ermöglicht es, über die Warn-App NINA die Bevölkerung stadtscharf über vorliegende akute Warnereignisse zu informieren sowie Handlungs- und Verhaltensempfehlungen zu geben. Im Kreis Mettmann ist die Warnung über NINA seit vielen Jahren ein bewährtes und erprobtes Mittel zur Warnung der Bevölkerung.

Nach dem aktuellen Warnkonzept des Kreises Mettmann kann die Bevölkerungswarnung auch durch Lautsprecherdurchsagen erfolgen. Hierfür sind Standardtexte vorbereitet und es ist genau festgelegt, welche Feuerwehren diese Aufgabe in welchen Bereichen übernehmen. Die Feuerwehren vor Ort können dies in der Regel nicht leisten, da sie zumeist schon von Beginn an intensiv mit der Schadenabwehr befasst sind, so dass für die Warnung der Bevölkerung Feuerwehren der Nachbarstädte zu Einsatz gelangen.

Zudem werden seit Anfang 2021 im gesamten Kreis Mettmann alle veralteten Sirenen erneuert. Vielfach dienen die Bestandssirenen heute nur noch der ergänzenden Alarmierung der freiwilligen Feuerwehrkräfte. Die neuen Sirenen sind im Gegensatz zu den meisten alten Sirenen in der Lage, Warntöne zur Warnung der Bevölkerung abzuspielen und werden dies künftig bei Gefahrenlagen auch tun.


Warnungen erfolgen zunächst auf Gemeindeebene. Dabei wird dann auf Bachläufe / tiefe Lagen usw. verwiesen.

Zu Warnungen ab bestimmter Pegelstände gibt es keine einheitliche Vorgabe, örtliche Erfahrungen der Feuerwehren führen zur Einleitung von taktischen Maßnahmen nach Bedarf.


Durchsagen von Polizei und Feuerwehr gab in den stark betroffenen Siedlungen am Abend des Hochwasser nicht. Das war auch schon aus zeitlichen Gründen nicht möglich, da der zeitliche Vorlauf zur Alarmierung der Nachbar-Feuerwehren fehlte.

Antworten des Bergisch-Rheinischen Wasserverband:

An der Düssel gibt es insgesamt 3 Pegel: Pegel Erkrath (Haus Brück), Pegel Eigen im Neandertal und Pegel Gruiten (Grube 7). Die ersten beiden Pegel sind Pegel des LANUV, der Pegel in Gruiten ist ein Pegel des BRW.

Für Warnhinweise, die dem Bevölkerungsschutz dienen, sind bei solchen örtlichen Ereignissen die Städte und Gemeinden verantwortlich, darüberhinausgehend die Kreise. 

Die Daten vom DWD (Deutschen Wetterdienst) und die Pegelstände vom LANUV (Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen) bilden hierfür die Grundlage.

Rückhaltebecken im Neandertal

In den sozialen Medien wurde die Frage nach den Rückhaltebecken im Neandertal gestellt und vermutet, dass diese sich am Abend des Hochwasser, kurz bevor die zweite Flutwelle Erkrath erreichte, geleert hätten und damit die Flutwelle ausgelöst wurde. Auch diese Frage hatten wir weitergeleitet.

Die erklärende Antwort kam vom Bergisch-Rheinischen Wasserverband:

Unsere beiden Hochwasserrückhaltebecken (HRB) im Neandertal haben bei dem Starkregenereignis der letzten Woche ordnungsgemäß funktioniert. Sie haben durchgehend den Zufluss aus dem Mettmanner Bach in die Düssel bis zum Erreichen des Stauziels gedrosselt. Die automatisierte Hochwasserentlastung von HRB springt an, wenn die Becken ihr oberstes, genehmigtes Stauziel erreicht haben. Dann geben sie das Wasser über dieser Höchstgrenze kontrolliert über die Hochwasserschwellen ab. Hierzu kam es beim Einsetzen des zweiten Starkregenereignisses am Abend des 14.07.21. Es gab kein technisches Problem, was eine Hochwasserwelle ausgelöst hat.

Aufgrund des extremen flächendeckenden Starkregens und des zweiten Regenereignisses kam es zu einem rasanten Abfließen des Niederschlags von versiegelten wie auch von unversiegelten Flächen. Dieser Niederschlag und der Zulauf aus dem Mettmanner Bach trafen auf die ohnehin schon gefüllte Düssel und ließen den Wasserstand stark steigen. 

Einleitung von Wasser in die Düssel durch Oetelshofen

In einer Facebookgruppe für Gruiten kam die Frage nach Wassereinleitung durch das Unternehmen Oetelshofen auf. Angemerkt wurde, dass 350 l pro Sekunde eingeleitet würden. Wir wollten deshalb wissen: Leitet Oetelshofen Wasser in die Düssel ein? Stimmt die angegebene Menge? Wenn ja: Gibt es während Starkregen / Hochwassergefahr die Möglichkeit die Einleitung zu unterbrechen, um Gefahren für Siedlungen zu vermeiden / vermindern? Ist das geschehen?

Eine Antwort darauf konnte uns der Bergisch-Rheinische Wasserverband geben:

Die Kalkwerke Oetelshofen dürfen bis zu 350 l/s in die Düssel einleiten und haben am 14.07. ca. 200 l/s eingeleitet. Das Unterbrechen der Einleitung hat bei diesem extremen Niederschlags- und Abflussereignis keine Auswirkungen mehr, da in der Düssel deutlich mehr als 20.000 l/s abgeflossen sind. Die 200 l/s  der Einleitung Oetelshofen sind weniger als ein Hundertstel dieser Wassermenge und haben in so einem Fall keinerlei Einfluss auf den Wasserstand in den Gewässern.

Konsequenzen aus dem Hochwasserereignis

An ein Hochwasser in diesen Dimensionen konnte sich in Erkrath niemand erinnern, deshalb hat uns auch die Frage interessiert, ob und welche Konsequenzen daraus gezogen werden.

Antwort des Kreises:

Der Katastrophenschutz wird sich in der nächsten Zeit mit Sicherheit auch mit der Warnsituation bei starken Pegelanstiegen kleinerer Fließgewässer beschäftigen. Näheres hierzu kann nach heutigem Stand noch nicht gesagt werden.

Antwort des Bergisch-Rheinischen Wasserverbands:

Das Extremwetterereignis der letzten Woche lag, da sind sich die Experten einig, deutlich über einem 100-jährigen Hochwasser, für das ​Anlagen gemäß der gesetzlich definierten Anforderungen in Deutschland aktuell bemessen und gebaut werden. 

Das Starkregenereignis werden wir in den nächsten Tagen und Wochen intern aber auch im Austausch mit den Kommunen, dem Kreis Mettmann, der Bezirksregierung, den Nachbarverbänden und weiteren Experten auswerten. 

An dieser Stelle möchten wir uns herzlich beim Kreis Mettmann und beim Bergisch-Rheinischen Wasserverband bedanken, die uns ausführlich für unsere Leser geantwortet haben.

Nachdem wir uns bisher mit den aktuellen Fragen zum Hochwasser befasst haben, wollen wir uns in einem weiteren Artikel noch mit den historischen Hochwasser-Ereignissen befassen. Dazu benötigen wir allerdings noch ein wenig mehr Zeit für Recherchen.

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